Symbol und Anlaufstelle zugleich
icon.crdate21.11.2024
Mehr Fälle von Gewalt gegen Frauen: Stadt Vaihingen stellt "Orange Bank" auf
Steigende Fallzahlen auch in Vaihingen: Stadtteilausschuss stellt anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November eine „Orange Bank“ auf
Vaihingen – Jede dritte Frau in Deutschland ist von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Aber nur 20 Prozent der Betroffenen nutzen bestehende Beratungsangebote. Diese Statistik veranlasste den Vaihinger Stadtteilausschuss, den Fokus auf diese Problematik zu richten. Nun beteiligt sich die Stadt an der kreisweiten Kampagne und stellt eine „Orange Bank“ als Mahnmal auf – zunächst am Bürgerbrunnen mitten in der Fußgängerzone.
Die Gemeinderätin Laura Lumpp hatte das Thema auf die Agenda des Stadtteilausschusses gesetzt. Ihr sei klar, dass Gewalt gegen Frauen und Männer kein originäres Aufgabengebiet der Kommune sei, erklärte sie im Stadtteilausschuss. Und doch müsse man das Bewusstsein dafür schärfen, wie viele Frauen und Mädchen täglich Gewalt ausgesetzt seien – auch in Vaihingen. Die orangefarbene Bank dient als sichtbares Zeichen. „Gewalt gegen Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, bei dem Stadtverwaltung, Polizei und Fachberatungsstellen eng zusammenarbeiten müssen“, betonte Oberbürgermeister Uwe Skrzypek bei der Aufstellung der Bank. „Und Vaihingen ist dabei keine Insel der Glückseligkeit!“
„Es ist entscheidend, die Menschen dazu zu sensibilisieren, nicht einfach wegzuschauen, wenn sie einen Verdacht haben“, erklärte Karin Stark, die zu dem Termin nach Vaihingen gekommen ist. Sie ist gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises, Cynthia Schönau, verantwortlich für das Landkreisprojekt. Als ehemalige Präventions- und Opferschutzbeauftragte des Ludwigsburger Polizeipräsidiums kennt sie die Nöte der betroffenen Frauen und Männer genau. „Viele leiden jahrelang und scheuen aus Scham den Gang zu einer Beratungsstelle.“
Dabei gibt es genügend Hilfsangebote im Kreis. Beispielsweise den Verein Frauen für Frauen in Ludwigsburg, zu dem ein Frauenhaus gehört, oder die Fachberatungsstelle Silberdistel für betroffene junge Menschen bis 21 Jahren. Auch die Opferschutzorganisation Weißer Ring mit ihrer Außenstelle Ludwigsburg kann Hilfen vermitteln und Netzwerke eröffnen. „Manchmal kann schon ein erstes Gespräch Impulse dafür geben, Türen zu öffnen Perspektiven aufzuzeigen, die aus der Gewaltspirale führen“, so Stefan Kulle vom Weißen Ring. Auch er ist zur Aufstellung nach Vaihingen gekommen, gemeinsam mit Sonja Beurer, die künftig die Außenstelle Ludwigsburg leiten wird. Wer einen Verdacht habe, solle nicht wegschauen. Übergriffe müssten offen ausgesprochen werden, um den Betroffenen zu helfen.
Über entsprechenden lokale Hilfsangebote informiert die Plakette, die an der Bank angebracht ist. Diese steht derzeit durch die tatkräftige Unterstützung des Bauhofs am Brunnen an der Schiller-Buchhandlung in der Stuttgarter Straße, soll jedoch eventuell künftig an verschiedenen Stellen im Vaihinger Stadtgebiet platziert werden. So ist die Bank Symbol und Anlaufstelle zugleich. Und ebenso ein Ort des Austauschs und der Information. Die Kosten für das Projekt liegen bei unter 500 Euro.
Info-Flyerzu Hilfsangeboten liegen im Bürgeramt und demnächst auch in den Ortsverwaltungen aus.
- www.frauenfuerfrauen-lb.de
- www.weißer-ring.de
- www.silberdistel-ludwigsburg.de
- www.landkreis-ludwigsburg.de
- www.vaihingen.de
Die Polizei-Statistik
Die Fallzahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Bereich des Polizeireviers Ludwigsburg gab es allein im Jahr 2023 196 Fälle von Partnergewalt, 2019 waren es 160 Fälle. Heruntergebrochen auf das Polizeirevier Vaihingen an der Enz gab es allein im Stadtgebiet Vaihingen im Jahr 2023 41 Fälle von Partnergewalt. Zum Vergleich: Eberdingen 7, Markgröningen 24, Oberriexingen 2, Sersheim 5 Fälle.
Von den 680 Tatverdächtigen im Landkreis Ludwigsburg waren im Jahr 2023 508 männlich (75 Prozent) und 172 weiblich. Partnergewalt kann also auch von Frauen ausgehen. 99,7 Prozent der Tatverdächtigen waren Erwachsene, 542 älter als 30 Jahre. 164 Tatverdächtige standen unter Alkoholeinfluss. 601 der insgesamt 783 Opfer im Jahr 2023 waren Frauen. Die weit überwiegende Zahl der Opfer sind also Frauen.