Die Vaihinger Wärmewende-Strategie
icon.crdate29.07.2024
Wie der Wärmebedarf bis 2040 klimaneutral gedeckt werden könnte: Kommunale Wärmeplanung einsehen
Wie der Wärmebedarf der Stadt bis 2040 klimaneutral gedeckt werden könnte: Kommunale Wärmeplanung jetzt einsehen und kommentieren.
Vaihingen - Bis zum Jahr 2040 will das Land Baden-Württemberg klimaneutral sein, fünf Jahre früher als im Bund. Die Energy Effizienz GmbH erstellt seit Frühjahr 2023 für das Stadtgebiet Vaihingen an der Enz den gesetzlich vorgeschriebenen Kommunalen Wärmeplan. Er soll Hauseigentümern aufzeigen, welche Energieformen künftig für sie in Frage kommen könnten. Für die Kommune ergeben sich daraus kurz-, mittel- und langfristige Strategien, wie der Wärmebedarf im Stadtgebiet klimaneutral gedeckt werden könnte. Jetzt haben Vaihinger Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung Gelegenheit, den Entwurf einzusehen und zu kommentieren.
Die Bereitstellung von Heizenergie und Warmwasser sind die größten Energiefresser im Haushalt. Die Deckung des Wärmebedarfs verursacht etwa 70 Prozent der energiebasierten Treibhausgase (ohne Verkehrssektor) in Vaihingen an der Enz. Die Wärmewende ist also ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Aber wie könnte die klimaneutrale Wärmeversorgung in Vaihingen aussehen, wenn Gas, Öl und andere fossile Brennstoffe wegfallen? Genau diese Frage ist der Kern einer kommunalen Wärmeplanung. „Dieser Plan ist die Grundlage für die dringend erforderliche Wärmewende“, erklärt der Vaihinger Klimaschutzmanager Thomas Eckstein. Die Analyse könnte der Stadt ebenso aufzeigen, ob und wo städtische Wärmenetze auf eng bebautem Raum machbar, sinnvoll und wirtschaftlich sind.
Der Kommunale Wärmeplan besteht aus folgenden Bausteinen:
Bestandsanalyse: Mit welcher Energieform werden Häuser in Vaihingen derzeit beheizt? Wie hoch ist der Wärmebedarf der einzelnen Gebäude? Hierzu wurden Daten von Energieversorgern und Bezirksschornsteinfegern zunächst gesammelt und analysiert.
Potenzialanalyse: Sie untersucht mögliche Energieeinsparungen für Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme und ermittelt gleichzeitig lokal verfügbare Potenziale für erneuerbare Energien und Abwärme. Erneuerbare Wärmequellen sind Strom (aus Windkraft, Photovoltaik und Biomasse) und Wärme (Biomasse, Solarthermie, Geothermie und Abwärme aus Flüssen und Kläranlagen).
Zielszenario: In diesem Schritt werden die gesammelten Erkenntnisse aus Bestands- und Potenzialanalyse zu einem Zielszenario für 2040 zusammengeführt: In welchen Gebieten werden voraussichtlich Wärmenetze liegen, welche erneuerbaren Energieträger kommen für diese in Frage und wie sieht die Alternative für die Gebäude aus, welche nicht in einem Eignungsgebiet für ein Wärmenetz liegen.
Wärmewendestrategie: In diesem letzten Planungsschritt werden nun Maßnahmen ermittelt, die zur Erreichung des Zielszenarios notwendig sind. Wesentlicher Bestandteil sind die mindestens fünf Leitmaßnahmen, die in den folgenden fünf Jahren begonnen werden müssen.
Endbericht: Der ausführliche Bericht informiert alle Bürgerinnen und Bürger über die Inhalte der kommunalen Wärmeplanung. Darin werden alle Daten so anonymisiert, dass sich keine Rückschlüsse auf einzelne Gebäude ziehen lassen.
Wer ein Haus besitzt oder bauen will, möchte wissen, welche Heizungsformen künftig in Frage kommen. Kann etwa eine Immobilie in Riet, Aurich oder Ensingen an ein Wärmenetz angeschlossen werden? Die Analyse von Eignungsgebieten für die Wärmenetze soll auch diese Fragen beantworten: Wo lohnt es sich, mit dem Heizungstausch auf ein mögliches Wärmenetz zu warten? Und in welchen Gebieten muss man selbst dafür Sorge tragen, dass der laut Gebäudeenergiegesetz vorgeschriebene Anteil an erneuerbaren Energien bei der Wärmeversorgung des Eigenheims erfüllt ist?
Am Beispiel der Kernstadt errechnet die Bestandsanalyse einen Wärmebedarf von 166,9 Gigawattstunden (eine Gigawattstunde = eine Million Kilowattstunden), gemessen an 10.826 Einwohnern und 2.594 Gebäuden. Bei den Energieträgern machen Öl (32 Prozent) und Gas (39 Prozent) den größten Anteil aus, der Anteil an erneuerbaren Energien beträgt elf Prozent. Allerdings: Für 18 Prozent der Heizungen/Gebäude lagen keine Daten vor. Dies ist durch Lücken in den bereitgestellten Daten der Schornsteinfegenden zu begründen, die nicht nachträglich geschlossen werden konnten. Mindestens 26 Prozent der Heizanlagen sind älter als 20 Jahre, müssen also perspektivisch in den kommenden Jahren erneuert werden.
Die Potenzialanalyse des Stadtteil-Steckbriefs für die Kernstadt zeigt auf, dass möglicherweise rund 1200 Gebäude in einem Eignungsgebiet für ein Nahwärmenetz liegen. Potenziell stehen als lokale Energieformen die Flusswärme der Enz (ebenso wie in Roßwag und Enzweihingen), die Abwasserwärme der Kläranlage, Luft-/Wasser-Wärmepumpen sowie Strom und Biomasse zur Verfügung. Das bedeutet nicht, dass hier in Zukunft auf jeden Fall ein Wärmenetz verlegt werden wird, sondern lediglich, dass in diesem Gebiet ein wirtschaftlicher Betrieb und die Einbindung erneuerbarer Energien höchstwahrscheinlich möglich wäre.
In welchem Maße einzelne Wärmenetze umsetzbar sind, müssen detaillierte Machbarkeitsstudien zeigen. Was sich jedoch bereits nach der Fertigstellung des Wärmeplans relativ sicher sagen lässt: In Wohngebieten, die kein ausgewiesenes Wärmenetzeignungsgebiet sind, wird kein Wärmenetz kommen.
Wäre für mein Haus der Anschluss an ein Wärmenetz potenziell möglich? Lohnt es sich, auf einen eventuellen Anschluss zu warten? Ist stattdessen der Einbau einer Wärmepumpe auch in einem Reihenmittelhaus technisch machbar? Genügt die Dachfläche für eine effiziente Photovoltaikanlage? Was, wenn das alles nicht Frage kommt? Diese Fragen sollen individuelle Analysen unabhängiger Energieberater klären.
Bevor der kommunale Wärmeplan im Herbst dem Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt wird, wird der Entwurf bis 29. August 2024 allen Bürgerinnen und Bürger zugänglich gemacht. Anregungen können an Klimaschutzmanager Thomas Eckstein vom Stadtplanungsamt, E-Mail: t.eckstein(@)vaihingen.de, mit dem Betreff „Rückmeldung Wärmeplan“, gesendet werden.
> Die Studie findet sich auf: www.vaihingen.de/leben-wohnen/natur-klimaschutz/klimaschutz
> Eine ausgedruckte Version des Entwurfs liegt im technische Rathaus, 1. Obergeschoss, Friedrich-Kraut-Straße 40, 71665 Vaihingen, an der Planwand aus.